Ostern: Glaubensweitergabe

Predigt zum Nachlesen von P. Bernhard Heindl SJ, Osternacht

Symbol

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

"Was macht diese Nacht anders als alle anderen Nächte?" - So fragt das jüngste Kind am Sederabend, der das Pessach-Fest, das jüdische Osterfest eröffnet. Seder bedeutet Ordnung, denn die jüdische Osternacht folgt wie unsere Osternacht einer festgelegten Ordnung. Pessach, ein heiliges Tun nach festgelegter Ordnung, in dem sich Klein und Groß zuhause fühlen soll. Das Buch Deuteronomium hilft dem Hausvater bei der Antwort, dort steht: "Wenn dich morgen dein Kind fragt: Warum achtet ihr auf die Eidesbestimmungen und die Gesetze und die Rechtsentscheide, auf die der HERR, unser Gott, euch verpflichtet hat?, dann sollst du deinem Kind antworten: Wir waren Sklaven des Pharao in Ägypten und der HERR hat uns mit starker Hand aus Ägypten geführt." (Dtn 6,20f)

Glaubensweitergabe, der nächsten Generation ein Zuhause bei Gott geben. Gemeinsam religiöse Ausdrucksformen pflegen, die für die Seele ein Handlauf sind, an dem man sich festhalten kann, wenn Bedarf ist, wenn der „Lebensboden" schwankt. Glaubensweitergabe, was wissen unsere Kinder von Gott, wo Religion zur Privatsache geworden ist und Gott im anhaltenden Individualismus bis zur Unkenntlichkeit an Konturen verliert? Glaubensweitergabe, der Katastrophenglaube hat Hochkonjunktur, 86 Prozent der jungen Deutschen sorgen, ängstigen sich um die Zukunft, nicht so sehr um ihre eigene, sondern um die der Welt!

Meines Erachtens ist das ein zu hoher Anteil an Katastrophenglauben, der da bei der jungen Generation angekommen ist, an sie weitergegeben wurde! Die Statistik habe ich dem Buch „Zukunft - Eine Bedienungsanleitung" entnommen. Ich schätze das Buch von Florence Gaub, einer dt.-franz. Politikwissenschaftlerin, bin aber mit Blick auf Religion selten einer Meinung mit ihr. Frau Gaub meint, die meisten Religionen seien rückwärtsgewandt, predigen eine Rückkehr in ein verlorenes Paradies und nicht eine bessere Zukunft.

Ich bin verblüfft, dass man Osterglauben so missverstehen kann! Und war noch verblüffter, dass in dem Buch „mentales Zeitreisen" empfohlen wird, ohne die Glaubensparallelen zu sehen! Denn wir praktizieren als Gläubige mentales Zeitreisen, wenn wir an den Himmel glauben! Mentales Zeitreisen ist ein kreativer Prozess, der sich detailliert vorstellt, wie ein zukünftiges Ereignis aussehen und sich anfühlen könnte, lange bevor es eingetreten ist und das Ganze, um in der Gegenwart nicht in Trübsinn und Katastrophenangst zu versinken, sondern um der Zukunft zuversichtliche Möglichkeitsräume zu eröffnen.

Osterglaube, ich will Ihnen nicht die Notwendigkeit einer Rückrufaktion, alle zurück ins verlorengegangene Paradies, einreden! Sondern ich will Ihnen vergewissern, dass Gott unsere Zukunft ... bei sich und mit ihm nicht aus den Augen verliert! Gott möchte uns mit dem, was geworden ist, was wir unser Leben nennen, bei sich haben. Der Himmel liegt vor uns und ich verstehe Gott so, dass er als Garant unserer Freiheit keine weiteren Vorgaben macht, als dass wir das Gute nach Kräften zu leben versuchen! Und wenn wir uns den Himmel ausmalen, ja uns bis in die Gefühlswelt vorstellen, wie es bei Gott sein könnte, dann ist das eine mentale Zeitreise, die bereits auf Erden helfen kann, ... Entspannung in unsere Herzen zu bringen.

Ich fürchte für unsere Zeit keine Vertröstung mit dem Jenseits! Ich befürchte vielmehr, wir sind schon viel zu lange und zu kompromisslos Diesseitsvertröstete! Es könnte ein Grund sein, warum so vielen jungen Menschen die Zukunftshoffnung fehlt, weil sie zu der kühnen mentalen Zeitreise in den Himmel nicht ermutigt und angeleitet werden! Muss man sich von Gott emanzipieren, um Zukunft selbständig erträumen und gestalten zu können? Es hängt vom Gottesbild ab. Der Gott, an dem wir glauben, will uns nicht in ein hemmendes Abhängigkeitsverhältnis führen. Er ist Befreier, Freiheit von Unterdrückung, wie das Buch Deuteronomium festhält. Er versteht sich als Garant unserer Freiheit, selbst wenn sich diese Freiheit gegen ihn wendet. Unser Gott scheint mir nicht das richtige Gegenüber für Emanzipationsbestrebungen zu sein.

Glaubensweitergabe, in Umfragen wurde die Zukunftszufriedenheit im Wesentlichen mit der Frage gemessen: „Glauben Sie, dass es Ihren Kindern finanziell besser gehen wird als Ihnen?" und lange wurde diese Frage mit Ja beantwortet. Diese Gewissheit ist unterdessen starken Zweifeln ausgesetzt! Glaubensweitergabe, meine Frage: „Was glauben Sie, kann Ihren Kindern helfen, erfüllt und zuversichtlich zu leben? Was kann Ihren Kindern helfen, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu überstehen?" Kurz: „Wie erwerben Ihre Kinder die Fähigkeit der Resilienz?" Ich würde den Osterglauben nicht zu schnell als Resilienzhilfe ausmustern.

Was macht diese Nacht anders als alle anderen Nächte?
Wir weihen diese Nacht unserem Schöpfer, einem Schöpfer, der seine Schöpfung liebt.
Wir weihen sie dem Schöpfer und wir feiern in dieser Nacht, dass wir eine Zukunft und ein Zuhause bei ihm haben.
Diese Nacht ist eine Zeitreise in unsere Zukunft, die auch der Tod nicht aufhalten kann.
Wir feiern in dieser Nacht die Zuversicht, dass Gott alles, auch das menschliche Versagen, unterfängt und unsere Erde in einem größeren Ganzen aufgehoben ist, das nicht auslöschbar ist. - Amen


Bild: Heindl SJ

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